Kommunikation unter Kamelhäuten

Vom Funk- und Gesprächssmog in der ferngesteuerten Welt

Daß die fortlaufend neuen Beglückungen einer randalierenden Unterhaltungs- und "Informations"-Industrie die Verständigung unter den Menschen nicht unbedingt fördern, ist eine Binsenweisheit. Dazu sind sie weder gedacht, noch könnte Verstehen je eine Angelegenheit von Markt und Technik sein. Auch das sich im ausgehenden Jahrhundert stetig steigender Nachfrage erfreuende Mobiltelefon für jedermann oder "Handy", wie es verniedlichend genannt wird, macht hier keine Ausnahme. Die Mobiltelefonie erlaubt die Nachrichtenübermittlung, handle es sich um wichtige Anweisungen oder belangloses Geplauder, um heilige Liebesschwüre oder nüchterne Zahlen, weitgehend unabhängig von Zeit und Ort. Doch niemand würde ernsthaft behaupten, es trage damit unbedingt zu einer Förderung der Gesprächskultur und des Verstehens bei. Noch nie wurde soviel telefoniert und gebührenpflichtig geredet und hatte man sich doch so wenig zu sagen.

Während der Nutzen der Mobil- oder Funktelefonie als ursprünglicher Bestandteil militärischer Nachrichtentechnik, in der die unverzögerte und möglichst abhörsichere Weitergabe von Anweisungen von lebensentscheidender Bedeutung sein kann, auf das Schlachtfeld wirtschaftlichen Wettbewerbs, der Finanzmärkte und Warenterminspekulationen (wie auch der organisierten Kriminalität überhaupt) noch einleuchtet, ist der Erfolg ihrer zivilen Konversion in den breiten Massenmarkt der Spiel- und Unterhaltungselektronik an sich erstaunlich. Er entbehrt – will man nicht annehmen, daß der akute Ernstfall, oder die Angst davor, schon zum Alltag geworden ist – auf den ersten Blick zumindest der sachlichen Notwendigkeit. Noch immer ist für den durchschnittlichen Bürger das Funktelefon so entbehrlich wie der Regenschirm für den Infantristen (und diese seltsame Unangemessenheit ist es vielleicht, die manchen demonstrativen "Handy-Träger" kaum weniger komisch wirken läßt als trüge er einen Stahlhelm – und tatsächlich präsentieren ja viele ihr Gerät so ostinat, wie ein Ritter früher allenfalls sein kostbares Schwert gezeigt haben mag).

Doch auch als inzwischen ganz zivil, alltäglich und mithin belanglos gewordenes Phänomen hat das "Handy", wie die Vermarkter ihr Lifestyle-Produkt geschickt getauft haben – ein "Handy" ist das, was "man" heute eben in der Hand haben muß –, seinen militanten Charakter noch keineswegs gänzlich eingebüßt. Es ermöglicht immerhin, zumindest potentiell und im Prinzip, den "uneingeschränkten Zugriff" auf einen Menschen, gleichgültig, ob er gerade eine Fernreise unternimmt, im Wald Ruhe sucht, sich bei Tisch, im Konzert, im Bett oder Bad befindet – Telefonbelästigung in ganz neuen Diemensionen. Diesen im Vergleich zum stationären Telefon erweiterten Zugriff erlaubt es praktisch aber vor allem in umgekehrter Richtung – auf einen selbst. Man glaube nicht, dies seien marginale Begleiterscheinungen der Mobiltelefonie als Massenphänomen. Dieses Wechselspiel von scheinbarer Verfügungsgewalt und tatsächlicher Sichselbstauslieferung scheint durchaus von zentraler Bedeutung für den Erfolg sehr vieler Spielarten der modernen Tele-"Kommunikation", das heißt einer rekrutierten, gebührenpflichtigen und letztlich ferngesteuerten "Kommunikation" im unmittelbaren Dienst der Technik und des Konsums. "Man" geht also "online", "man" schreibt Fremden anonyme E-Mails, "man" surft im Web, durch die Fernsehkanäle oder eben auch durchs Handy-Netz – wer nicht "online" ist, scheint zunehmend kaum noch zu existieren.

Kann es sein, daß der Griff zum Handy oder die Einwahl in die Internet-Chatforen, wie früher schon der Griff zur TV-Fernsteuerung, von einer tieferen Vereinsamung und Sprachlosigkeit nur ablenkt, gar als eine Art Ersatzhandlung fungiert? Muß man, diese Frage könnte sich aufdrängen, in der schönen, neuen Welt zumindest irgendeine Art der Fernsteuerung in Händen halten, um sich selbst noch als "lebendig" und als taugliches Glied der Gemeinde zu empfinden? Offline-Sein, also bei sich selbst oder bei leibhaftigen Menschen sein, das grenzt an Häresie. Was die Leute, die mir in der U-Bahn, auf Fluren, im Park oder auf Fahrradwegen begegnen, sich unablässig alles mittels Handy mitzuteilen haben, entzieht sich zwar nicht selten meiner Vorstellungskraft (was allerdings nicht viel heißen muß, da ich weder Auto, Scheckkarte oder Handy besitze, also zweifellos einer aussterbenden Gattung angehöre). "Ich bin jetzt im Kaufhaus X fertig und gehe nun noch zum Kaufhaus Y" – solche Nachrichten, denen man, in der Stadt unterwegs, heutzutage unmöglich entgehen kann, scheinen indes eher zu bestätigen, daß diese neue Volksbuschtrommel auf weiten Strecken einer vertrackten Depravierung von "Kommunikation", auf fast tragikomische Art der Zeit-Vertreibung und einem "Überrauschen" der Sprachlosigkeit dienen.

Dabei muß man, aus überwachungsstrategischen Gesichtspunkten, seinen jeweiligen Aufenthaltsort nicht einmal beständig explizit (und kostenpflichtig) durchsagen, denn "im Netz" ist dieser ohnehin jederzeit zu ermitteln. Insofern liefert das Onlinenetz ein wichtiges Stück Infrastruktur für ein vorweggenommenes "Global-Positioning"-System, das jederzeit Aufschluß über den Aufenthaltsort jedes beliebigen Teilnehmers gibt, gleich mit. Aus Sicht der Strafverfolgung, der Personen- und Objektüberwachung eröffnet das ebenso vielversprechende Aussichten wie aus jener der organisierten Kriminalität. Während der früher besonders unter LKW-Fahrern beliebte CB-Funk, in der Reichweite eingeschränkt, noch kostenlos war, wird bei diesem neuen "Volksfunk" für jedermann im Sekundentakt abgerechnet und spürbar zur Kasse gebeten (was besonders für Überraschungen sorgen kann ,wenn man im Glauben ein Ortsgespräch zu führen, ahnungslos eine Handynummer angewählt hat). Die Uhr tickt bei allen neuen Spielarten "einarmiger Banditen" bei jedem "Gespräch" unweigerlich mit, zwingt unterschwellig zu einer besonders "ökonomischen" Nutzung – Nachrichten in Stenografie, Kommunikation im Internet-Format sozusagen.

Diente der CB-Funk den oft tagelang und hoffnungslos übermüdet auf der Piste befindlichen Truckern immerhin dazu, sich gegenseitig zu vergewissern, daß der Kollege (oder man selbst) noch nicht vor jenem gefürchteten Brückenpfeiler eingeschlafen war und man noch lebte, so ist der unwiderstehliche Anreiz, den das neue Funkhobby und die Online-Euphorie überhaupt auf die Massen ausübt, rational weitaus schwieriger nachzuvollziehen. Man ertappt sich ja als Uneingeweihter immer häufiger bei der Frage, wie der Mensch nur solange ohne Handy und WorldWideWeb auskommen, Kontakte aufrechterhalten und überleben konnte. Natürlich, der Ästhet mag daran Anstoß nehmen, zunehmend Leuten zu begegnen, die nichts sehen, hören oder wahrnehmen, was um sie herum vorgeht, weil sie, gewohnheitsmäßig das Handy am Ohr, nun auch ihren Selbstgesprächen nach außen hin die Aura des "Kommunikativen" und vor allem des vermeintlich "Bedeutsamen" und "Hypen" verleihen können. Seltsam, während man früher beim Führen eines privaten Telefongesprächs möglichst ungestört sein wollte, scheint man inzwischen zu diesem Zweck die Öffentlichkeit, den Verkehrslärm und ein Publikum geradewegs aufzusuchen. Dabei scheint sich die ausgiebige Nutzung des Handys erstaunlich gut mit dem gleichzeitigen Auto-, Rad- oder Skaterfahren, dem Spazierengehen, Joggen oder Einkaufen, der Arbeit oder der intimen Unterhaltung mit Bekannten zu vertragen – was einige Fragen aufwirft, etwa die, ob man sich hier in aller Regel überhaupt wirklich noch etwas zu sagen hat, die "Kommunikations"-DJ‘s in Wirklichkeit alles nur halb, nebenbei oder im "Als-ob"-Modus tun, oder gar in vielen Fällen, wer weiß, außerordentlich wichtige "Gespräche" nur simulieren.

Letzteres ist übrigens – unter den Bedingungen verschärfter Telekommunikation, die das Gespräch zunehmend in eine Warenform, in einen gebührenpflichtigen Dienst am Konsum überführt – kein bloßes Blenden, sondern verrät vielmehr die Einsicht in den hohen Rang des Virtuellen. Man hat begriffen, daß es weniger darauf ankommt, das Gerät tatsächlich extensiv zu benutzen (was an finanzielle Grenzen stoßen würde), als vor allem jenes "Vielgefragtsein" überzeugend zu simulieren – und was gilt heute als wirkungsvoller und "wirklicher" als das gekonnt Simulierte. Nach außen hin viel beeindruckender als andauernd Rufnummern einzutippen, ist es ja – das praktizieren schon die Kleinsten, wenn Barbie mit dem Handy spielt – selbst möglichst oft angepiepst und angerufen zu werden. Ersteres verrät nur Geschäftigkeit, ja unter Umständen Bedürftigkeit, letzteres aber erweckt den Anschein von Begehrtsein. Schon Sokrates, der sich beim Gang über die antiken Marktplätze noch darüber freuen konnte, wieviele überflüssige Dinge er nicht brauchte und deren Nichtbesitz das Leben erleichterte, mußte sich von der weisen Diotima belehren lassen, daß das Begehrte allem Begehrenden unvergleichbar überlegen sei. Diotimas allzuweibliche Philosophie versteht heute jeder Handynutzer, mit ihr becircen die Großsirenen der Telekommunikation selbst die taubsten Ohren und die, offline, stummsten Fische – aber niemand versteht mehr, warum sich der listige Odysseus einst die Ohren mit Wachs füllte.

Ikonologisch läßt sich das Handy als unersetzliches Lifestyle-Artefakt vor allem mit dem erfolgreichen Broker, jenem zentralen Leitbild der Massenmedien der 90er Jahre, verbinden. Das anschwellende Piepsen dieses neuartigen Attributs der Einflußreichen signalisiert in den vielen Kino- und Fernsehfilmen des ausgehenden Jahrhunderts Dynamik, Macht und eben "Gefragtsein" schlechthin. Im Medium des Massenfilms hat das Telefon schon immer eine große Rolle gespielt. Es gab etwa die bemerkenswerte Gattung der sogenannten "White-Phone"- und Diva-Filme der 20er Jahre, in denen eine profane technische Errungenschaft symbolisch erhöht und, selbstverständlich, in den Bereich des Aphroditisch-Verführerischen gerückt wurde. Als moderner deus ex machina erlaubte das Filmtelefon neuartige rationalisierte Erzählformen und eine enorme dramaturgische Beschleunigung und Handlungsmassierung (wenngleich nicht unbedingt eine Verdichtung in künstlerischer Hinsicht). Viele Handlungswendungen, die Künstler in den Figuren und ihren Interaktionen über Jahrtausende motivieren und vorbereiten mußten, ließen sich nun technisch durch ein simples Telefonläuten, einen zwischengeschnittenen vielsagenden Blick oder ein verführerisch in den Hörer gehauchtes "Hello..." einer blonden Schönheit im Negligé ersetzen.

Das Mobiltelefon hat seinerseits bestimmten Gattungen, etwa dem Fernsehkrimi, einen ähnlichen Rationalisierungs- und Temposchub beschert, da man nun auf die, streng betrachtet, unrealistisch häufigen Einblendungen läutender Telefongeräte gänzlich verzichten und – dank dem Handy – jederzeit beliebige Verknüpfungen in die Handlung einfließen lassen kann. Das Mobiltelefon ist, zumindest dramaturgisch, zu einem universell einsetzbaren Verweiszeiger und "Hyperlink" geworden. Die Telekommunikation verliert zugleich ihre apparathafte Schlacken, verwächst "organisch" mit den Figuren, wird zum Normalfall, so daß die Grenzen zwischen unmittelbarer und technischer Kommunikation zunehmend verschwimmen. Das Handy erscheint in dem Maße als ein "Organ" des Menschen wie dieser zum bloßen Erfüllungsgehilfen und Kalfaktor von Markt und Technik wird. Bald zeichnet sich durch Fortschritte in der Miniaturisierung durchaus die Möglichkeit ab, daß man das Mobiltelefon, wie heute schon Hörgeräte, unsichtbar unter die Kopfhaut einpflanzt (die Kosten dürften, zumindest bei Neugeborenen, großzügig die großen Telefongesellschaften übernehmen).

In der Broker-Ikonographie zu Beginn der Globalisierung Anfang der 90er Jahre ist das Handy aber zunächst noch, wie zuvor das Telefon in den "White-Phone"-Filmen, eine Art Hauptdarsteller. Es muß in dieser "Einführungsphase" zunächst noch, neben den allgegenwärtigen Computerbildschirmen, Labdogs und Internet-Verweisen, als zentrales Attribut der "Winner", Börsenspieler und des Aktionärskapitalismus als neuer globaler Lebensform profiliert und mit Anreizen versehen werden. Es wird zum Statussymbol insbesondere derjenigen, die ständig über das einzig noch wirklich Wichtige, die Börsenkurse, und das noch immer Zweitwichtigste, die jeweils aktuellsten Paarungskonstellationen, auf dem laufenden sein müssen. Wem das Handy ständig klingelt, so lautet die Botschaft aus Hollywood, der hat’s geschafft. Die Nachfrage, allein sie, bestimmt den Marktwert und damit den Wert schlechthin. Diesen vom neuen randalierenden ökonomischen Fundamentalismus wiederbelebten Evergreen versinnbildlicht das anschwellende Handypiepsen gleichsam kongenial – und, allerdings, irgendwie sogar angemessener als etwa Rose und Schwert.

Nichts kennzeichnet die Erfolgreichen seither mehr, als daß sie für nichts mehr Zeit haben. Das eigentliche Leitbild der exzessiv mobilen und vernetzten, scheinbar ständig unter Strom stehenden Technozivilisation ist also der Paniker und Paranoide, der gleichsam mit jeder Körperzelle um seinen "Kurs" und seinen Vorsprung bangende hektische Hypochonder und zu ständig potenzierter Machenschaft Verdammte. Je häufiger das Handy ruft, umso mehr Macht und Ansehen – und umso mehr Panik. Dies gilt zumindest für die Kalfaktoren im sich immer rascher drehenden Laufrad, was nicht ausschließt, daß für ganz Mächtige nach wie vor Chauffeure, Bodygards, Koffer- und nunmehr eben auch Handyträger unverzichtbare Accessoires bleiben bzw. werden (wie ja inzwischen überall dort, wo sich wirklich Wichtiges ereignet, bei Operationen auf Leben und Tod, bedeutenden Sitzungen, im Flugzeug zwischen Himmel und Erde oder auch während des Kunst- oder Liebesakts strengstes Handyverbot herrscht). Von Hollywood und dem Silicon Valley aus, jener besonders erdbebengefährdeten und geschäftigen Region, wo der Westen mit einem Wort Durs Grünbeins "so abrupt endet wie ein Flugzeugträger", traten Mobiltelefon, Computer und Internet, wie zuvor schon das Auto, die Zivilluftfahrt oder die Fastfood-Ketten, ihren weltweiten Siegeszug über die Kinobesucher, Büroangestellten, berufstätigen Mütter und bald wohl auch ihrer zehnjährigen Kids an.

Die vielfältigen tiefenpsychologischen Dimensionen dieser zunehmend handschmeichlerischen, wie Preziosen aufgewerteten Lifestyle-Necessaires sollen hier gar nicht näher ausgelotet werden. Jedenfalls muß, was alle begehren und gerne in Händen halten, ungemeine Verführungskraft haben: Je begehrter, umso begehrenswerter. Dieser Logik des ältesten Gewerbes der Welt gehorcht nicht nur seit jeher die Werbung, der Markt und der Preis, sondern sie diktiert – gleichsam in ihrer industriell totalisierten Form – auch zunehmend im Rückkehrschluß die Spielregeln des Zwischenmenschlichen überhaupt. Britische Ornithologen haben derweil herausgefunden, daß vom Zivilisationslärm nachhaltig verstörte Singvogelarten wie Pirol oder Kernbeißer nicht zuletzt deshalb in den Städten vom Aussterben bedroht sind, weil sie, anstatt den für Partnersuche und Fortpflanzung unentbehrlichen Balzgesang noch hören und erlernen zu können, in ihrer Ahungs- und Ratlosigkeit Autoalarmanlagen und piepsende Handys imitieren (wenn denn die Forscher nicht irren und das am Ende eine Art Hohngesang ist).

Unter einem erweiterten Blickwinkel stellt sich zunehmend die Frage, ob die moderne Telekommunikation, also eine Kommunikation als gebührenpflichtige und zunehmend ferngesteuerte Technik, die unmittelbare zwischenmenschliche Kommunikation sogar tendenziell ersetzt. Dabei geht es nicht allein um jene "bildungsbürgerliche" Befürchtungen, daß mühsam kultivierte Umgangsformen durch mechanische Surrogate, ikonodule, technoide, schlüpfrige oder "analphabetische" Formen der Pseudo-Kommunikation verdrängt werden. Dies ist gewiß zu konstatieren, denn wer vermag im Zeitalter anonymer E-mails noch Briefe zu schreiben, welcher Drum-Machine-Freak könnte noch ein Ohr für Schuberts Winterreise, welcher WWW-Eingeweihte noch die Geduld haben, Beethovens späte Sonaten, einen Pasolini- oder Tarkowskij-Film "zu ertragen"? Wer nur einmal einem Grundschüler den Genuß moderner "Lerntechnologien" per Software nahezubringen versucht, macht die Erfahrung, daß die Programme zwar eine oberflächliche Neugier umschmeicheln (manche glauben sogar, sie konditionieren darauf), daß sie offensichtlich ein "virtuoses Zappertum" und die Bewältigung technischer Komplexität fördern – allerdings meistens auch nur das. Ansonsten verschüttet "Datenmüll" ein noch nicht gewecktes Fragen, ersticken Gimmicks und krampfhaft "kindgerechte" Benutzerführungen jene wesentliche Suche gleichsam schon in der Wiege.

Kein Wunder, daß die Opfer eines "computer aided learning" sich kaum noch etwas merken wollen oder können, denn die Informationen ruft man hier schließlich nur auf, damit sie sogleich wieder im Orkus vermeintlicher digitaler Allmacht und scheinbar totaler Verfügungsgewalt verschwinden. Wo sich selbst das noch spielerisch und "kinderleicht" gebärdet, was, wenn es Gewicht haben soll, schwer ist, dort simuliert man in Wahrheit nur noch das Fragen, Suchen und Lernen. Nach erstaunlich kurzer Eingewöhnungsphase zappen die Kids in atemberaubenden Tempo durch Lexika, Wörterbücher oder Bildersammlungen, immer nach vorne, immer das Neueste und immer nur Mehr – und doch ist ihnen meist nichts begegnet, wohin es sie zurückziehen könnte, was als würdig empfunden worden und "hängengeblieben" wäre, alles haben sie nur wegkonsumiert. Und gerade darin zeigt sich, daß sie, viel weniger blauäugig als dem windigen Zeitgeist hinterherlaufende Medienpädagogen, durchaus verstanden haben, worauf es beim Kommunizieren und Lernen in ihren warenförmigen Strukturen wirklich ankommt.

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